Die Schweiz Südamerikas
Uruguay wird gerne als die Schweiz Südamerikas bezeichnet. Da ich nur ein paar Tage in dem Land bin, kann ich das jetzt nicht wirklich beurteilen. Zumindest der Grenzübertritt geht schnell und korrekt ab, so wie man es auch in der Schweiz erwarten würde und ich bekomme anstandslos das ersehnte TIP für 12 Monate. Meine Aufregung vor Grenzübertritten ist in Südamerika wahrscheinlich unbegründet, rührt aber aus entsprechenden Erfahrungen aus meinen früheren Reisen durch Westafrika, die mich geprägt haben. Hier wurde immer und überall die Hand aufgehoben wurde. Ich höre heute noch den Ghanaischen Zöllner fragen: „Where is my Christmas Gift my friend?“. Uruguay, das siebte Land auf meiner Reise, empfängt mich zu erst recht ungemütlich und regnerisch, aber die Natur scheint hier schon weiter zu sein als in Argentinien, und es gibt erste bunte Rapsfelder und saftige Wiesen mit kleinen Rinderherden zu sehen. Es fühlt sich fast schon heimisch an.




Und schon wieder Abschied
Mein einziges Ziel in Uruguay ist die alte Kolonialstadt Colonia de Sacramento. Hier vermietet Sandra, eine Deutsche Auswanderin, Stellplätze in einer großen Halle, die bis oben hin voll ist mit Wohnmobilen Europäischer Zulassung. Ich finde gerade noch ein Plätzchen für meine BMW. Vom letzten Mal Abstellen habe ich gelernt, dass es keinen Sinn macht, die Ausrüstung wieder zurück nach Deutschland zu nehmen. Die Halle ist trocken, die herumstreunenden Katzen verjagen die Mäuse, was soll passieren. Also Batterie abklemmen, die Reifen nachmals vollpumpen, das Motorrad samt Ausrüstung gut abdecken und das wars. Mit leichtem Handgepäck kann ich jetzt entspannt die letzten Urlaubstage in Colonia del Sacramento und Buenos Aires verbringen, bevor es dann via Frankfurt wieder heimgeht. Ein bisschen wehmütig bin ich jetzt aber schon. Kaum habe ich mein Motorrad (warum hat es eigentlich noch keinen Namen?) in Mendoza ausgepackt, muss ich es schon wieder unterstellen, ohne zu wissen, wann ich die Reise fortsetzen kann.


Colonia del Sacramento
Colonia del Sacremento ist die älteste Stadt Uruguays und hat eine bewegte Geschichte. Strategisch am riesigen Rio del la Plate, dem Grenzfluss zu Argentinien gelegen, war es über Jahrhunderte hin ein Zankapfel zwischen den Kolonialmächten Spanien und Portugal. Strategisch ist die Stadt auch für mich, denn dank der guten Fährverbindung über den Rio del la Plata komme ich schnell und kompliziert rüber nach Buenos Aires, wo es die besseren Flugverbindungen nach Europa gibt.






Buenos Aires – Tango und Fussball
Buenos Aires ist eine Stadt zum Verlieben. Die riesige, pulsierende Stadt hat einiges zu bieten und wirkt wie eine Mischung aus einer Italienischen und Spanischen Großstadt. Sie hat aber auch was melancholisches, trauriges, wie ein schlafender Riese, der schon bessere Zeiten gesehen hat und darauf wartet, endlich wieder wach geküsst zu werden. Auch wenn sich die Argentinier über die inzwischen geringe Inflation von 2% im Monat (!) freuen, haben doch viele Menschen zu kämpfen, um über die Runden zu kommen, sei es mit einem einfachen Stand für gebrannte Mandeln oder als Parkeinweiser in martialischer Militärkleidung, als Verkäufer auf einem der vielen Flohmärkte oder als Tangotänzer auf einer Plaza. Was aber nie fehlen darf, ist eine Thermoskanne mit heißem Wasser für den Mate-Tee, der bei jeder Gelegenheit getrunken wird.









Aber über allem steht, wie kann es in Argentinien anders sein, der Fussball. Der Fussballkitsch, den es in den vielen Touristenshops zu kaufen gibt, nervt natürlich. Aber auf historischem Boden zu wandeln und das Stadion der Boca Juniors nebst Museum zu besichtigen, ist für mich als Fussballfan schon beeindruckend. Die Boca Juniors wurden, wie auch der große Rivale River Plate Anfang des 20. Jahrhunderts von italienischen Einwanderern im Stadtteil La Boca gegründet. Während sich der reichere Verein River Plate bald ein modernes Stadion vor den Toren der Stadt baute, spielen die Juniors weiterhin in La Boca in einem kleinem Schmuckkästen, liebevoll La Bombonera, die Pralinenschachtel genannt. Anfänglich hatten beide Vereine Rot-Weiß, die Farben das Stadtteils, als ihre Vereinsfarben. Ein Entscheidungsspiel sollte 1907 klären, wer die Rot-Weiß behalten darf. Boca Juniors verlor und gab sich daraufhin Blue-Gelb als neue Vereinsfarben, inspiriert durch ein schwedischen Schiff, das gerade im Hafen von La Boca einfuhr.






Buenos Aires hat sicherlich noch mehr zu bieten, also nur Tango und Fussball, aber ich habe ingesamt nur zwei Tage, bevor ich wieder heim nach Deutschland muss. Deutlich zu wenig für diese riesige Stadt mit seinen unglaublich freundlichen und offenen Menschen. Ich komme definitiv wieder – aber jetzt warten erstmal andere Herausforderungen in der Heimat auf mich.

