#6 Ecuador – Jan/Feb25


Über Geier, Affen und den Pazifik – Jan/Feb25

Da ich hier an der großen Grenze bei Tulcán schon vor ca 6. Wochen nach Kolumbien ausgereist war, geht die Einreise nach Ecuador jetzt um so schneller, denn ich weiß noch genau, wo die Büros von Immigration und Zoll sind. Diese zu finden ist in Südamerika nicht immer so einfach. Aber in 1h ist alles erledigt.

Klar, dass mein erstes Ziel in Ecuador gleich wieder die nahegelegene Deutsche Finca Sommerwind bei Ibarra ist, um ein oder zwei der vielen Deutsche Export-Biere zu genießen, von lecker Leberkäs und der komfortablen Übernachtung im Tiny-House ganz zu schweigen. Auf der Finca haben einige Reisende ihre Camper und Motorräder geparkt, während sie auf Heimaturlaub in Europa sind. Also so wie ich dann im April in Argentinien.  

In Ecuador kommt man am Thema Äquator einfach nicht vorbei. In einem weiteren Museum, das punktgenau auf der Äquatorlinie steht – ich habe es überprüft 😉 – steht eine interessante 54m große Platform, quasi eine erweiterte Sonnenuhr. Sie funktioniert wie eine Uhr und ein Kalender gleichzeitig und ist sogar vom All aus zu sehen. Die Anden waren für die Vermessung der Erde und insbesondere des Äquators im 18. und 19. Jahrhundert deswegen so bedeutsam, weil hier von den vielen hohen Berggipfeln aus Astronomische und Horizontale Messungen durchgeführt werden konnten, die im dichten äquatorialen Regenwald Afrikas so nicht möglich waren. So ist schlussendlich auch der Name Ecuador entstanden. Besonders hervorgetan hat sich hier übrigens der deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt, der auch den Namen „Allee der Vulkane“ für die Aneinanderreihung der vielen, bis zu 6300m hohen Vulkane in Ecuador kreiert hat. Aber leider ist immer noch Regenzeit, wie schon bei meiner ersten Fahrt durch Ecuador im Dez24 und alle Berggipfel sind durch dunkle Wolken bedeckt.

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Aber hilft ja Nix, dann fahre ich halt am Pazifik entlang nach Süden, zumal ich den Pazifik in Kolumbien wegen der Bedrohung durch die Guerilla auslassen musste. Der Wald zwischen den Anden und dem Pazifik ist so dicht, da wundert es nicht, dass sich die Kolumbianischen Drogenhändler dort gut verstecken können.

Der Pazifik hinunter nach Süden ist nicht minder schön wie die Karibik im Norden, aber viel ruhiger, weil kaum erschlossen. Das Wasser ist warm und lädt zum Baden ein, denn der für die Pazifikküste typische kalte Humboldt-Strom dreht hier rechtzeitig hinaus aufs Meer. Hier könnt ihr noch Bauland direkt am Meer kaufen. Es ist noch so richtig schön verschlafen und die  Strandrestaurants kämpfen um die wenigen Gäste. 

Mein erster Stopp am Pazifik ist das Städtchen Pedernales, das direkt am Äquator liegt, was dann ganz witzig ist, wenn man auf dem Weg vom Hotel zum Restaurant mal eben so den Äquator überquert.

Das nächste Örtchen San Lorenzo ist dann noch verträumter. Es gibt unter der Woche gar nur ein offenes Restaurant!

Interessant sind die kleinen weißen Absperrungen am Strand von San Lorenzo. Sobald die Meeresschildkröten hier am Strand ihre Eier verbuddeln, stellen NGOs diese Absperrungen auf, um die Eier vor den Badegästen zu schützen, bis die Babyschildkröten ausschlüpfen und ihren gefährlich Weg zum rettenden Meer gehen. Leider konnte ich keine frisch geschlüpften Babyschildkröten beobachteten. Nun, vielleicht die falsche Jahreszeit, vielleicht aber habe ich am Morgen einfach nur zu lange geschlafen.

Doch so verschlafen San Lorenzo auch ist, es hat neben Schildkröten und einer guten Aussicht vom Leuchtturm noch eine weitere Überraschung parat. Ein paar wenige Kilometer im Landesinneren gibt es im Urwald einen Nationalpark mit Brüllaffen. Die liegen einfach nur so faul und schweigend weit oben in den Ästen der Baumgipfel rum, leider ohne ihrem Namen gerecht zu werden. Der Ranger, der mich herum führt, hat einen geschulten Blick, ich hätte wohl keinen der gut getarnten Affen im Dickicht erkannt. Und seine echte Kamera macht super Bilder, kein Vergleich zu meinem Handy.

Aber meinen größten Spaß hier am Pazifik habe ich bei Bahia de Caráraquez. Dort ist der Strand bei Ebbe sehr breit und flach, aber noch hinreichend nass und somit hart und leicht befahrbar, auch mit vollem Gepäck. Keiner der Badegäste regt sich über den Verrückten Deutschen auf, der den Strand rauf und runter düst, sie freuen sich eher über gemeinsame Selfies. Natürlich gibt es zwischen dem nassen Strand und der Straße noch einen Abschnitt mit trockenem und tiefem und somit schwer zu befahrendem Sand. Meine Fahrweise, die Füße auf dem Boden statt auf den Rasten zu lassen, schaut sicherlich amateurhaft aus, aber ich schaffe diese Sandpassage endlich mal ohne meinen üblichen Sandumfaller. Natürlich steht nach der Fahrt durch den salzigen Sand wieder eine gründliche Reinigung an, die in Südamerika aber zum Glück für wenig Geld an jeder Straßenecke angeboten wird.

Unterwegs treffe ich auf eine Gruppe ecuadorianischer BMW-Fahrer, die eine Wochenendtour drehen. Leider in die andere Richtung, sonst hätten wir zusammen fahren können. Zumindest die WhatsApp-Nummern sind gleich getauscht, was mir ein gutes Gefühl gibt, denn im Falle einer Panne würden die Jungs mich bestimmt unterstützen. Einer der Fahrer kannte sich sogar in meiner Heimatstadt Augsburg ganz gut aus, da er die Augsburger Firma Manroland in Südamerika vertritt! So klein ist die Welt!

Vorbei an Affenbrotbäumen, die sehr an die afrikanische Savanne erinnern, geht es zu meiner letzten Stadion in Ecuador, der 3 Millionen Stadt Guayaquil etwas weiter im Landesinneren. Die Stadt scheint megagefährlich zu sein, alle Ecuadorianer hatten mich gewarnt. Mein Hotel hat sogar einen bewaffneten Wächter. Ich beschränke daher meine Aktivitäten auf die Besichtigung des Malecon2000, einer kilometerlange Uferpromenade am Rio Guayas mit schicken Restaurants und Künstlerviertel, Riesenrad und Kabinenbahn, komplett umzäunt und schwerbewacht. Da in Ecuador, wie bei uns, gerade Wahlkampf herrscht, hat der aktuelle Präsident Daniel Noboa mannshohe Pappfiguren von sich verteilen lassen, die die Stadtbevölkerung mit Begeisterung nach Hause trägt und ins Fenster stellt.

In einem Strandrestaurant am Pazifik erlebe ich live, wie die Polizei in Ecuador ihr Gehalt aufbessert. Ein junger einheimischer Autofahrer, der mit seiner Freundin die Uferpromenade entgegen der Einbahnregelung befährt, was jetzt hier nicht wirklich ungewöhnlich ist, wird zuerst mal von 6 Polizisten umringt und dann eine Weile ins Polizeiauto eingesperrt. Als jetzt noch ein Abschleppauto auftaucht, um die drohende Konfiszierung des Autos bildhaft zu machen, ist er wohl hinreichend weichgekocht und bereit, das geforderte Schmiergeld zu bezahlen. Ruckzuck sind die Geier in Uniform und das Abschleppauto verschwunden und ein frustrierter Autofahrer liegt heulend in den Armen seiner Freundin.

Mir geht es auf meinen letzten Kilometern von Guayaquil zur Grenze nach Peru aber auch nicht viel besser. Da die Gegend industriell und alles andere als schön ist, will ich an dem Tag unbedingt noch die Grenzformalitäten schaffen und mir in Peru ein schönes Hotel suchen. Und da wegen der anstehenden Wahl in Ecuador die Schließung der Grenze droht, möchte ich keine Zeit verlieren. Meine Anspannung scheinen die erfahrenen Geier in Uniform zu spüren, denn ich habe schon tausende durchgezogene Linien in Südamerika beim Überholen überfahren, aber ausgerechnet heute erwischt es mich und ich werde angehalten. Die Strafe: 142$, zu zahlen in den nächsten Tagen auf dem Kommissariat! Noch eine unbestimmte Zeit in dieser unwirtlichen Gegend bleiben zu müssen ist genau das, was ich jetzt nicht will. Natürlich gibt es auch eine andere, schnelle Lösung, die nur 60$ kostet die ich bevorzuge, um heute noch nach Peru zu kommen. Okay, mein erstes Schmiergeld nach exakt 4 Monaten Reisezeit, das ist nicht viel. Ich ärger mich eher über mich selber, dass ich so unentspannt war und die Bayerischen Polizeiaufnäher total vergessen hatte, die ich dabei habe, um sie den Polizisten zu schenken und einen auf Kollegen zu machen.